Autismushund

Ein Autismushund ist ein Begleithund für Menschen mit Autismus. Der Hund übernimmt dabei die Aufgaben eines Assistenz- und eines Therapiehundes. Das ist eine Besonderheit, weil Hunde meistens nur eine von beiden Aufgaben haben. Als weitere Besonderheit hat der Autismushund mehrere Bezugspersonen. Er hilft nicht nur dem Menschen mit Autismus sondern auch seinen Betreuern. Die vollständige Verantwortung für den Hund übernehmen allerdings allein die Betreuer.

Was ist Autismus?

Es wird vermutet, dass etwa 1% aller Menschen auf der Welt von Autismus betroffen ist. Autismus ist eine andere Art des Denkens und des Seins. Sie bringt Schwierigkeiten im Alltag mit sich, weil Probleme beim Kommunizieren und beim Interagieren mit anderen Menschen sowie Wahrnehmungsbesonderheiten auftreten. Zum Beispiel können Autisten Mimik und Gestik anderer Menschen nicht richtig verstehen. Personen werden anhand ihrer Kleidung erkannt. Bei vertrauten Personen werden Stimmungen anhand der Stimme und des Verhaltens der Person abgeleitet. Die Absichten, die ein anderer Mensch verfolgt, beziehungsweise sein Denken kann ein Mensch mit Autismus nicht richtig erkennen. Das macht ihm Angst. Deshalb handelt er manchmal aus Sicht von Nichtbetroffenen falsch und zieht sich gerne zurück, um alleine zu sein. Das Alleinsein ist manchmal sehr wichtig, weil ein Mensch mit Autismus das Umfeld oft als zu laut und zu voll empfindet. Das kann ihn besonders anstrengen. Dann kann es wieder passieren, dass aus Sicht von Nichtbetroffenen falsch gehandelt wird. Die Ausprägung bei den Betroffenen ist sehr unterschiedlich und kann von leichten bis zu sehr schweren Problemen reichen. Jeder Mensch mit Autismus ist einzigartig.

Welcher Hund eignet sich zum Autismushund?

Als Autismushund eignen sich eher mittelgroße bis große Hunde, die vor allem selber ganz gesund sind. Ein Hund mit gesundheitlichen Problemen darf niemals zur Arbeit für den Menschen eingesetzt werden, denn er muss belastbar sein. Zu klein sollte der Hund auch nicht sein, so dass er bei Bedarf den Menschen mit Autismus am Wegrennen hindern und nicht so leicht vom Menschen weggezogen werden kann. Der Hund sollte eher selbstsicher sein, offen auf alles zugehen sowie sozial und verträglich mit allem und jedem sein. Verhaltensweisen vom Menschen dürfen ihn nicht verunsichern. Hunde, die unsicher und ängstlich sind, haben viel Stress und können dadurch krank oder sogar aggressiv werden. Das ist weder für das Tier noch für den Menschen gut. Außerdem sollte der Hund interessiert an seiner Umgebung und seiner Menschenfamilie sein, sich gut an die Familie anpassen können, menschenbezogen sein und sich gerne unterordnen. Am besten sind freundliche und nicht zu aufdringliche Tiere. Sogenannte Ein-Mann-Hunde oder solche, die gerne selbständig eigene Entscheidungen treffen, eignen sich nicht so gut als Autismushund, da die Hunde immer mit der ganzen Familie zusammenarbeiten und gerne mitarbeiten müssen. Bestenfalls handelt es sich um ein ruhiges Tier, das aber bei Bedarf auch gerne spielt, balgt und rennt.

Ideal sind Hunde, die Ruhe ausstrahlen, geduldig, ausgeglichen und tolerant sind. Wichtig ist auch, dass der Hund gerne, gut und leicht lernt. Bei der Ausführung seiner Aufgaben sollte der Hund mit Freude dabei sein. Von Vorteil ist ein intelligenter Hund, der selbständig Problemlösungen findet. Er sollte aufmerksam sein, um zu wissen, wann er gebraucht wird, konzentriert bei der Aufgabe bleiben und sich wenig ablenken lassen. Daher wäre auch ein ausgeprägter Jagdtrieb unpraktisch. Und allzu bellfreudig sollte der Hund auch nicht sein.

In Kanada wurde eine Rasse speziell als Autismushund gezüchtet. Der Labernese, eine Mischung aus Labrador Retriever und Berner Sennenhund, vereinigt alle oben genannten Eigenschaften.

Einen geeigneten Hund auszusuchen, ist aber bei Weitem nicht alles. Der Hund muss auch gut ausgebildet werden. So kann auch ein weniger gut geeigneter Hund bei richtiger Ausbildung ein guter Autismushund werden und Aufgaben übernehmen, die für einen bestimmten Menschen mit Autismus wichtig sind.

Für wen eignet sich ein Autismushund?

„Tiere betrügen einen nicht, sie ärgern einen nicht und sie sind auch nicht so unbeständig wie viele Menschen; außerdem fällen sie keine Urteile über einen.“ (Tony Attwood: Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom, Trias Verlag, Stuttgart, 2007, S. 230)

Manchen von Autismus betroffenen Menschen fällt der Umgang mit Tieren leichter. Sie fühlen sich wohler in der Gesellschaft von Tieren. Tiere bilden sich keine Meinung nach dem ersten Eindruck, sondern danach wie man wirklich ist, wie man sich verhält oder was man macht. Das gestaltet ein Zusammenleben mit Tieren angenehm, wodurch wir uns wohlfühlen.

Um einen Hund zu halten, braucht man ausreichend Zeit, um sich um ihn zu kümmern. Er muss regelmäßig gefüttert und ausgeführt werden. Auch für Ausbildung, Fellpflege und Spielen muss Zeit investiert werden. Außerdem muss genug Einkommen vorhanden sein für Futter, Ausrüstung, Tierarzt, Versicherungen und Steuern. Wer das nicht leisten kann, sollte keinen Hund zu sich nehmen.

Es gibt aber auch viele Menschen mit Autismus, die Angst vor Hunden haben, weil sie laut bellen, unangenehm riechen oder sich hektisch bewegen können. Manche mögen auch die vielen Haare nicht, die Hunde verlieren, oder den Kot. Es gibt auch Menschen mit Autismus, die die feuchte Nase und das Abschlecken durch den Hund nicht ertragen. Für solche Menschen ist ein Autismushund ungeeignet.

Wie wirkt ein Autismushund?

Die hilfreiche Wirkung von Tieren im Allgemeinen und Hunden im Speziellen wurde schon durch viele Studien belegt. Sie soll hier in Stichpunkten zusammengefasst dargestellt werden. Die Zusammenfassung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Psychische Wirkung:

  • Förderung des emotionalen Wohlbefindens
  • Förderung eines positiven Selbstbildes, Selbstwertgefühl, Selbstbewusstsein
  • Förderung von Selbstkontrolle und Kontrolle der Umwelt
  • Förderung von Sicherheit und Selbstsicherheit, Angstminderung
  • Psychologische Stressreduktion, Beruhigung und Entspannung
  • Psychologische Wirkung auf soziale Interaktion
  • Regressions-, Projektions- und Entlastungsmöglichkeiten
  • Antidepressive und antisuizidale Wirkung
  • Förderung mentaler Leistungen und Kompetenzen

Physische Wirkung:

  • Reduzierung cardiovaskulärer Risikofaktoren
  • Biochemische Veränderungen
  • Neuroendokrinale Wirkungen
  • Muskuläre Entspannung
  • Verbesserung der Motorik
  • Verbesserung des Gesundheitsverhaltens
  • Generelle Effekte, beispielsweise Förderung der Vitalfunktionen

Soziale Wirkung:

  • Aufhebung von Einsamkeit und Isolation
  • Körperkontakt, Nähe
  • Streitschlichtung, Familienzusammenhalt
  • Steigerung von Vertrauen
  • Förderung von Empathie
  • Vermittlung von positiver sozialer Attribution
  • Verbesserung von Interaktionsatmosphären

Die reine Anwesenheit eines Hundes zeigt allein schon eine positive Wirkung auf von Autismus betroffene Menschen. Der Hund kann außerdem je nach Bedarf als Assistenzhund unterstützende Aufgaben übernehmen und/oder gezielt in der Förderung als Therapiehund motivierend eingesetzt werden. Dazu mehr auf den folgenden Seiten.